Image
Image

Mehr über Werner Schmidt:

19-jähriger wollte kein Soldat mehr sein – und wurde ermordet

Werner Schmidt wurde am 23. Juni 1925 als Sohn des Korbmachers Max Schmidt und Frieda, geborene Kolditz, in Weimar in Thüringen geboren. Er besuchte dort die Volksschule. Sein Vater soll Alkoholiker gewesen sein – die Eltern waren geschieden. Nach Prozessunterlagen soll die Mutter „in wilder Ehe“ gelebt haben. Mit zwölf Jahren kam Werner Schmidt wegen eines Fahrraddiebstahls im Oktober 1937 in die Erziehungsanstalt Hephata in Treysa bei Kassel. Dort machte er nach Abschluß der Schule im dortigen Lehrlingsheim zweieinhalb Jahre lang eine Tischlerlehre.

Er schloss die Lehre aber nicht ab, sondern flüchtete aus dem Heim. Dazu nahm er neben einem Fahrrad Koffer, Kleidung sowie Lebensmittel mit. Auf seiner Flucht entwendete er erneut ein Fahrrad, übernachtete in einer Gartenlaube, wo er weitere Gegenstände stahl. Schmidt wurde in Eisenach festgenommen und wegen Diebstahls vom Jugendgericht Weimar zu einer Gefängnisstrafe „unbestimmter Dauer“ verurteilt. Die Mindeststrafe betrug dafür ein Jahr und sechs Monate, die Höchststrafe vier Jahre. Er wurde vom Jugendstrafvollzug ausgeschlossen und deshalb wurde seine Strafe „wegen fortgesetztem einfachen und schweren Diebstahl sowie versuchtem und vollendetem Betrug“ mit vier Jahren festgesetzt, die er im Erwachsenenstrafvollzug bis zum 19. August 1945 verbüßen sollte. Dazu wurde Schmidt vom Jugendstrafgefängnis Niederschönenfeld (bei Donauwörth) am 24. Dezember 1942 ins Landesgefängnis Rottenburg in Württemberg überstellt.

Von dort aus wurde er unmittelbar am 27. April 1944 als Panzergrenadier ins 3. Ausbildungs-Kompanie./Panzergrenadier Ersatz- und Ausbildungs-Bataillon 215 nach Reutlingen eingezogen und wurde Stubenkamerad von Karl Heise. Er erklärte in einem der zahlreichen Verhören: „Ich war nicht ungern Soldat, erst als ich von meiner Mutter die Nachricht erhielt, dass auch mein zweiter Stiefbruder gefallen sei, wurde ich erst verbittert.“ Werner Schmidt ist mit seinem Stubenkamerad Karl Heise am 22. Mai 1944 um 1 Uhr nachts geflohen. Gegen 4 Uhr kamen die beiden in der elterlichen Wohnung von Heise in Gönningen an, wurden dort verköstigt und zogen sich Zivilkleidung an. Die Kleidung hatten die Eltern wohl bei einem Besuch in der Kaserne am 21.Mai.1944 mitgenommen. Gegen 5 Uhr verließen die beiden die Wohnung Heises und gingen Richtung Roßberg, wo sie im Wald ihre Uniform vergruben und in einem Heuschober den Tag verbachten. Heise und Schmidt wollten sich in die Schweiz durchschlagen. In der Nacht zum 23. Mai wurde Werner Schmidt in Öschingen entdeckt, als er sich mit Eiern aus einem Hühnerstall eindecken wollte. Schmidt wurde vorläufig festgenommen und im Ortsarrest untergebracht und die Standortverwaltung in Reutlingen informiert - Karl Heise hatte entkommen können.

Die Gestapo Stuttgart meldete am 7. Juni 1944, dass der Lehrling Werner Schmidt in der Wehrmachtshaftanstalt Ludwigsburg in der Hindenburgstraße 32 inhaftiert sei. Dieser Verhaftung folgte ein kriegsgerichtliches Verfahren der Division 465 in Ludwigsburg, in dem der inzwischen ebenfalls festgenommene Karl Heise und Werner Schmidt zum Tod verurteilt wurden. Das Gericht richtete am 11. August 1944 eine telegrafische Anfrage an den Oberreichsanwalt des Volksgerichtshofs: „URTEIL HEISE SCHMIDT BESTAETIGT VOLLSTRECKUNG ANGEORDNET ERBITTEN UMGEHEND NACHRICHT OB AUFSCHUB BEANTRAGT TRANSPORT UNZWECKMAESSIG ERHOEHTE FLUCHTGEFAHR“

Karl Heise und Werner Schmidt wurden am 9. Oktober 1944 durch das Gerichtsurteil der Division 465 im Schießtal um 7.45 Uhr hingerichtet und um 8 Uhr beerdigt.Siehe auch Karl Heise

Quellen:
StadtA Reutlingen Bestand G5a - GA Gönningen 527
StadtA Reutlingen Bestand politisches Referat, Nr. 58
StadtA Reutlingen Bestand politisches Referat, Nr. 184
StadtA Reutlingen Familienregister
Schwäbisches Tagblatt Tübingen, 2. Dezember 2006, S. 29
StadtA Ludwigsburg L67 Zg. I/25/1984Nr. 1,6
StadtA Ludwigsburg L3-3858
BArch-PA B 563 – 1 Kartei S – 3363/374
BArch- R 3018/2363



© 2023 MahnDenkMal Schießtal Ludwigsburg · Schreiben Sie uns!

Diese Seite setzt keine Cookies. Beim Übergang zu anderen Seiten (beispielsweise Videoplattformen wie Vimeo oder YouTube) gelten deren Bedingungen.